Wie oben gesagt, werden 7 Junghans Figuren gefälscht.
Dies sind:
Elegant (=Arcano, engl. manchmal Diana)
Salome
(engl. manchmal Cleopatra)
Rokoko (engl.
manchmal Barmaid)
Eccomi (engl.
Onion Boy)
Gamin (Bat Boy, Ballspieler)
Elefant
Känguruh
Zusätzlich wird ein Känguruh mit Jungtier im Beutel
angeboten, das nie von Junghans hergestellt wurde.
Während gefälschte Uhren der Mysterieusen leicht zu erkennen
sind, fällt dies bei den Figuren nur anhand von Fotos erheblich schwerer.
Das Hauptmerkmal der gefälschten Figuren ist ihr Material,
die Junghans Figuren bestehen nämlich – wie oben beschrieben – aus Zinkguss,
die meisten von ihnen – aber nicht alle - sind hohl.
Bild 48-1 Bild 48-2
Bei den obigen Abbildungen des Gamin sind gut Abplatzungen zu erkennen (rote Kreise) in denen das graue Zink gut zu erkennen ist.
Die Fälschungen aus China dagegen bestehen aus einer Messinglegierung, die patiniert wird. Diese Patinierung unterscheidet sich jedoch völlig von der der Originale. Es handelt sich um eine mit Säure hergestellte dunkelbraune Oxidierung der Oberfläche, die in einem Kaltverfahren erzeugt wird. Die dafür benötigte Patina ist überall käuflich zu erwerben, sie wird in verschiedenen Farben angeboten und wirkt im Prinzip auf das Kupfer in der Legierung der Figur. Deshalb ist Messing sehr gut für diese Art der Patinierung geeignet. Zink kann damit jedoch auch behandelt werden. Da die Figuren üblicherweise so fotografiert werden, dass die Messingfarbe möglichst schlecht zu erkennen ist, und im Übrigen ja auch die Originale patiniert sind, erkennt man Unterschiede meist erst dann, wenn man die Figur in der Hand hält.
Nach 100 Jahren sind alle Original-Figuren an kleineren, vorspringenden Stellen bestoßen. An diesen Stellen ist deutlich das silbergraue Zink zu erkennen. Dies trifft auch für die dick farb-patinierten Figuren wie Salome und die mehrfarbigen Figuren im französischen Stil wie Prisonniere zu.
An der Unterseite des Sockels und im Inneren der Figuren ist nach Abschrauben des Holzsockels das Zink unpatiniert und klar erkennbar.
Zusammenfassend kann man hierzu sagen: so gut wie jede Figur aus Zinkguß ist alt und stammt aus der Zeit der Junghans Mysterieusen. Der Umkehrschluss ist dagegen nicht anwendbar: nicht jede Figur aus einer Kupfer-Zinn Legierung, wie z.B Bronze oder Messing ist neu.
Als sicher kann nur gelten, dass Junghans selbst nur Figuren aus Zinkguß verkauft hat, aber ein Kunde, der eine Junghans Mysterieuse kaufte, konnte sich – u. U. sogar über seinen Uhrenverkäufer – eine andere Figur bestellen und als Uhrenträger verwenden, auch eine solche mit fremdem (nicht Junghans-Motiv). Die Uhrmacher dieser Zeit, die ja echte Handwerker waren, waren sicher auch bereit, die Junghans-Figur auszutauschen gegen ein vom Kunden gewünschtes Original aus Bronze vom Bildhauer. Hier zu entscheiden, was ist original und was nicht, kann nur jeder Sammler für sich.
Ein weiteres Merkmal ist die Signatur des Bildhauers. Hier gilt die Regel, dass jede signierte Figur original ist, aber nicht jede nicht-signierte Figur ist eine Fälschung! Nicht alle Künstler jener Zeit haben ihre Werke signiert. Von Franz Iffland beispielsweise, von dem viele der deutschen Figuren (s. o.) stammen, stammen die signierten Figuren Elegant, Salome und Gamin. Umgekehrt scheinen die Fälscher aber bisher keine Signaturen auf den Figuren anzubringen, obwohl sie vor der Fälschung des Junghans-Warenzeichens („j“ im achteckigen Stern) nicht zurückschrecken.
Eine andere Figur, von Junghans "Birichino" genannt stammt von Oswalt Schimmelpfennig. Auch hier ist das (Junghans-) Original auf dem Gusssockel signiert. Die Figur wurde von O. Schimmelpfennig ursprünglich als "Neapolitanischer Knabe - Flötenspieler" geschaffen. Der rechte Arm ist nach unten gedreht und hält eine Flöte, die an die gespitzten Lippen gehalten wird. Für Junghans wurde der Arm nach oben gedreht und die Flöte wurde weggelassen. Stattdessen hält der rechte Arm einen Stock.
Die Figuren für die französischen Katalog haben üblicherweise ein Schild mit dem Titel der Figur und dem Namen des Bildhauers auf dem Sockel.
Viele Kunstgussfiguren aus dieser Zeit wurden mit einem erhobenen Arm gestaltet, der unterschiedliche Dinge in der Hand halten konnte. So ist Prisonniere bekannt mit einem Vogel in der rechten Hand (daher der Name) oder mit einem Uhrenhalter, Campione ist bekannt mit einem Siegerkranz in der Rechten oder mit einem Uhrenhalter, der Boxer ist bekannt mit einer Kugel in der rechten Hand als Kugelstoßer oder (Junghans) mit einem Boxhandschuh an der Rechten und einem Uhrenhalter links, Gamin ist bekannt als Lampenfuß für Stehlampen. Offensichtlich schufen die Bildhauer ihre Figuren von Anfang an als „Mehrzweckfiguren“.
Hat man eine Figur in der Hand, gibt es auch ohne die Materialfrage viele Unterscheidungsmerkmale zwischen Original und Fälschung. Die chinesischen Figuren sind aufgrund der angewendeten Abformtechnik sämtlich kleiner als die Originale (ca. 5mm in der Höhe). Arme und Beine sind dünner, die Falten der Kleidung sind schwächer, Zehen und Finger sind oft undefinierbar. Signaturen fehlen bei allen Fälschungen. Beim Elefanten haben die Zehennägel der Hinterläufe nur noch ca. ¼ der Größe des Originals. Dies alles ist jedoch wenig hilfreich für die Unterscheidung anhand von Fotos.
Hier kann man vielleicht hilfsweise davon ausgehen, dass eine originale Uhr meist mit einer originalen Figur angeboten wird. Dies ist jedoch definitiv nicht immer der Fall (s. o.).
Die Beschreibung des Anbieters kann für die Kaufentscheidung nur eins von vielen Kriterien sein, viele Verkäufer wissen ja nicht einmal von der Existenz von Fälschungen und beschreiben ihre wertlose Fälschung als „echte Antiquität“, dies geschieht im Übrigen nicht nur beim Laienhandelsplatz Ebay sondern (allerdings nur in Ausnahmefällen) auch bei Versteigerungshäusern. Ein weiteres Kriterium für Original oder Fälschung ist der Angebotspreis.
Im Folgenden einige Beispiele (jeweils links das Original und rechts die Fälschungen):
Bild 47
Original
Fälschung
Fälschung
Der auffälligste Unterschied ist die Oberfläche/Material:
das Original ist braun patiniert, an beriebenen Stellen sieht man (nicht auf
dem Foto) das silberfarbene Zink durch die Patina.
Die mittlere Fälschung ist aus braun gefärbtem Messing, das
künstlich „berieben“ wurde, um es alt aussehen zulassen. Die Rechte Fälschung ist eine Figur die von
der Firma Linden für Ihre Schwingpendeluhren gefertigt wurde. Sie besteht weder
aus Messing noch aus Zinkguss sondern aus Zinn und ist deshalb sehr weich und
anfällig für Beschädigungen. Die Figur ist goldfarben lackiert und der Sockel
besteht aus hohlem Kunststoff. Die Figur ist nicht signiert, sieht aber
ansonsten dem Original sehr ähnlich. Der Abguss ist von wesentlich höherer Qualität
als der der chinesischen Uhren. Man kann auch eigentlich in diesem Fall nicht
von einer Fälschung sprechen.
Hier noch einmal ein Bild mit Uhren:
Bild 49
Original
Fälschung Fälschung (Linden)
Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass das Original
wesentlich detailreicher ist (Tiefe und
Zahl der Falten des Kleides). Das Gesicht hat einen Ausdruck, der der Fälschung
durch häufiges Abformen weitgehend abhandengekommen ist. Außerdem ist das
Original ca. 5mm höher und in den übrigen Abmessungen auch größer. Der
Uhrenhalter ist als Kriterium nicht zu verwenden, da er meistens ausgewechselt
wurde. Er ist das am deutlichsten hervorragende Teil der Figur und somit am
gefährdetsten. Das Original hält aber den Uhrenhalter in einem Messingteil mit
quadratischem Querschnitt und einer 2,5 mm Bohrung und verfügt über eine
seitliche Schraube zur Sicherung. Die Fälschung hat einfach ein Gewinde in der
Hand, in das der Uhrenhalter eingeschraubt ist.
Bild 50
Der Elefant ist leichter als Fälschung zu erkennen: die
Messingfarbe ist meist klar zu sehen, im Gegensatz zur dunkelgrünen Patina der
originalen Zinkfigur. Bestes Merkmal sind die Zehen des rechten Hinterlaufs: diese
sind beim Original deutlich vorhanden, bei der Fälschung sind sie meistens fast
vollständig abgeschliffen. Der Holzsockel ist auch unterschiedlich, dies haben
jedoch die Fälscher bereits korrigiert, die neueren Modelle haben auch den
abgeschrägten Sockel (rechts höher) mit den 2 Nuten.
Die genannten Merkmale sind in mehr oder weniger starker
Ausprägung bei allen Fälschungen erkennbar, abhängig davon, wie oft die
Gussform benutzt worden ist.
Bild 50-1
Bild 50-1 zeigt links ein gefälschtes Känguruh – leicht zu erkennen bereits am Motiv, denn es trägt ein Jungtier im Beutel. Das Original Junghans Känguruh trägt kein Jungtier. Auch das Känguruh ohne Jungtier wird jedoch gefälscht. Hier ist das Original nur daran zu erkennen, dass es aus Zinkguss ist. Das rechte Bild zeigt ein Original-Känguru mit einem vergrößerten Ausschnitt. Deutlich ist zu erkennen, dass die Oberfläche eine Struktur aufweist, was bei allen Fälschungen nicht der Fall ist.
Bild 50-2
Bild 50-2 zeigt links zwei falsche Eccomi. Während der linke auf diesem Bild ein hochwertiger Bronzeguss ist – jedoch keine Junghans-Figur – ist der rechte ein klar erkennbarer chinesischer Messingguss. Beim Eccomi besteht ein weiteres Unterscheidungsmerkmal darin, dass das Original in der linken Hand eine Kugel trägt, in die der Uhrenträger eingeschraubt ist. Bei den Fälschungen fehlt diese Kugel und der Uhrenträger wird direkt in der Hand gehalten.
Das rechte Bild zeigt einen originalen Eccomi aus Zinkguss.
Auch die Salome auf Bild 50-3 ist eine Fälschung, wie an dem am Sockel deutlich erkennbaren Messingguss zu erkennen ist. Die Salome von Bild 50-4 ist dagegen ein Original.