Zur Zentrierung im Ruhezustand wird dann wie folgt vorgegangen:
Die Gewichtskugel wird mit ihrer Einstellschraube so hoch gestellt, dass die Feder der Kugel satt am untersten Steg anliegt. Der unterste Steg schliesst mit den beiden Stangen, an denen er verschraubt ist, ab.
Die Uhr wird dann auf einem Messständer aufgehängt.
Mittels einer Wasserwaage wird die Uhrenauflage mit ihren 2 Steinlagern exakt horizontal gestellt. Dies sollt auf keinen Fall durch Biegen des Gewindestifts an der Uhrenauflage geschehen.
Als nächstes wird mit einem Lot die Soll-Lage der Uhrenspitze bestimmt und angezeichnet.
Hängt die Uhr nun nicht senkrecht, d. h., die Spitze unter der Gewichtskugel hängt links oder rechts vom angezeichneten Mittelpunkt, muss die Lage korrigiert werden. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
1. Zunächst wird die gewichtstragende mittlere der drei Stangen nach Lösen der rückwärtigen Schraube am mittleren der drei Stege versuchsweise (mitsamt der Gewichtkugel) gedreht. In den meisten Fällen ändert sich dadurch die Position der Spitze, weil die Stange leicht (!) gebogen ist und durch die Drehung die Gewichtskugel nach rechts/links bewegt wird.
2. Reicht diese Korrektur nicht aus, wird der Haltebalken der beiden Auflagestifte im Pendelkreuz mit der Zange leicht nach rechts oder links gebogen. Dadurch ändert sich der Auflagepunkt in Relation zum Schwerpunkt der Uhr. Hierbei dürfen nicht die Auflagestifte selbst gebogen werden, da diese gehärtet sind und brechen.
Bild 57: N ist die Auflagekraft der Uhr auf den Spitzen des Pendelkreuzes. N0 ist der Normalzustand (ohne Biegung). N1 zeigt die Normalkraft nach Biegen der Auflagestifte durch Drehung mit einer Zange nach links. Der Angriffspunkt der Auflagekraft verschiebt sich dadurch nach rechts und die untere Spitze der Uhr wird sich nach rechts verschieben.
(Achtung: die Größenordnung der Verbiegung ist stark überzeichnet, die Verdrehung der Spitzen darf höchstens 1mm betragen. Es ist auch zu bedenken, dass diese Prozedur nur wenige Male durchgeführt werden kann, ohne bleibenden Schaden zu verursachen)
Bild 57
Zur Verdeutlichung sollen folgende Bilder dienen:
Bild 58-1 Bild 58-2
Das linke Bild zeigt die Uhr im gewünschten Normalzustand. Die Auflagekraft A wirkt immer auf die Spitzen des Pendelkreuzes und die Gewichtskraft G, entsprechend dem Gesamtgewicht der Uhr, wirkt auf den Gesamtschwerpunkt, der dicht oberhalb der Einstellschraube liegt. Auflagekraft und Gewichtskraft sind gleich groß und liegen immer auf einer Wirkungslinie. Liegt die Verbindungslinie der Spitzen des Pendelkreuzes und des Angriffspunkte der Gewichtskraft auf der Mittelachse der Uhr, wie im linken Bild gezeigt, hängt die Uhr senkrecht. Werden die Spitzen der Auflagestifte nach links verdreht, verschiebt sich der Auflagepunkt A nachlinks, wodurch die untere Spitze der Uhr nach Links ausgelenkt wird. Es handelt sich bei dieser Darstellung wohlgemerkt um eine Abbildung der Uhr in Ruhe, nicht etwa um eine schwingende Uhr, die nach Links aus gelenkt ist.
Wird die Uhr, deren Ruhezustand im rechten Bild gezeigt wird, nun in Schwingung versetzt, wird die Schwingung um die schräg gestellte Längsachse der Uhr stattfinden, von der senkrechten aus gesehen (dargestellt durch die rote Linie) wird die Uhr also eine Schwingung ausführen die nach Links wesentlich größer ist als nach rechts. Bedenkt man nun hierzu die Bewegung des Kurzpendels, so ist klar, dass die Schwingung des Kurzpendels ebenfalls um eine – diesmal nach rechts/gestellte – Mittelinie erfolgt, denn die Ruheachse des Kurzpendels ist bei dieser Einstellung nach rechts von der Mittellage der Uhr abweichend. Damit verändert sich auch die Bewegung der Ankerplatte der Uhr, wobei nun der linke Stift des Ankers tiefer in das Hemmungsrad eingreift als der rechte. Es besteht also auf diese Weise die Möglichkeit, eine nicht exakt eingestellte Ankerplatte durch eine Schrägstellung der gesamten Uhr zu korrigieren.
Hierbei ist Vorsicht geboten, die Verdrehung darf nur äußerst gering sein, eine Verschiebung der Spitzen des Pendelkreuzes im Bereich von wenigen Zehntel Millimetern erzeugt bereits eine große Wirkung. Der Verbindungsstift der beiden Balken des Pendelkreuzes ist zwar zu diesem Zweck als Niete und nicht als Schraube gestaltet, aber das Verbiegen kann man natürlich nicht beliebig oft wiederholen.
3. Eine weitere, präzisere Möglichkeit besteht darin den Teil des Pendelkreuzes der an beiden Seiten mit dem Uhrengehäuse verschraubt ist an der Seite, zu der man die Verschiebung der Spitze der Uhr wünscht, durch Feilen geringfügig zu verkürzen. Hierdurch besteht dann die Möglichkeit, das Pendelkreuz durch Anziehen der Schraube auf der gekürzten Seite und gleichzeitiges Lockern der Schraube auf der ungekürzten Seite seitlich zu verschieben.
Kann man zu diesem Zeitpunkt keine befriedigende mittlere Einstellung finden, sollte zunächst fortgefahren werden, denn auch die folgenden Maßnahmen, z.B. die Gewichtsveränderung der Kugel, beeinflusst die Mittellage.
4. Kann bis hierher keine senkrechte Stellung erreicht werden, muss die Massnahme aus Kap. 11.4 vorgezogen werden.
Nachdem nun die seitliche Ausrichtung der Spitze der Uhr abgeschlossen ist, muss die Uhr in der anderen Achse (vorne/hinten) ausgerichtet werden. Dies wird überprüft in dem die Uhr abgenommen wird und um 180° verdreht (d.h. Zifferblatt nach hinten) wieder aufgehängt. Die Spitze muss nun ca. 2 mm weiter vom Betrachter weg sein, da das Pendelkreuz auf der Achse parallel zur Zeigerachse auf der Rückseite ca. 2 mm länger ist als auf der Vorderseite. Demnach muss auch die Uhr wenn Sie um 180° gedreht aufgehängt wird 2 mm weiter vorne bzw. weiter hinten stehen. Ist dies nicht der Fall, muss die Uhr im Pendelkreuz verdreht werden und zwar nach leichtem Lösen der beiden Schrauben, die das Pendelkreuz im Uhrengehäuse halten, mit nachfolgendem verdrehen der Uhr und wieder festschrauben.